Heilbronn – Mannheim – Karlsruhe – Rotterdam: Phillip Radomski ist immer auf Achse. Er ist Profi-Sportler im Kickboxen. Nach seinem Bachelor in BWL und Kultur-, Freizeit-, Sportmanagement an der Hochschule Heilbronn (HHN) macht er aktuell seinen Master in Unternehmensführung an der HHN.
Warum er das Boxen dem Fußball vorzieht und welche mentale Strategie ihm hilft, alles zu bewältigen, erzählt er HHN-PR-Redakteurin Gila Hoch im Interview. (Titelbild: Phillip Radomski. Foto: Nico Kurth / Spitzensport-Stipendium).
Wann haben Sie mit dem Kickboxen angefangen?
2015 in Karlsruhe in der Mach 1 Kampfsportschule. Das ist auch noch mein heutiger Verein. Da habe ich mich direkt wohl gefühlt. Davor habe ich es auch bei anderen Vereinen probiert. Kampfsport war damals noch nicht so sehr etabliert in Deutschland. Ich habe dann schnell den Unterschied zwischen einem hochprofessionellen, auch international erfolgreichem Verein wie dem Mach 1 und anderen kennengelernt. Seitdem bin ich dort geblieben.
Haben Sie davor bereits andere Sportarten ausgeübt?
Als Kind habe ich mit Jujutsu angefangen, als ich so 6 oder 7 Jahre alt war. Da war ich auch einmal deutscher Meister. Als Jugendlicher bin ich über Freunde zum Fußball gekommen, habe aber schnell gemerkt, dass ich lieber im Kampfsport aktiv sein möchte.
Was fasziniert Sie am Kickboxen?
Beim Kickboxen und Boxen muss man in vielen Bereichen gleichzeitig performen. Zum einen kognitiv, was Leistungsfähigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und mentale Stärke angeht. Dann kommen natürlich noch die physischen Voraussetzungen dazu, man muss Konditionstraining, Sandsacktraining, Techniktraining und Sparringseinheiten machen. Die Sportart ist unglaublich facettenreich. Und man kann den eigenen Erfolg direkt am Aufwand messen. Zum Beispiel im Unterschied zu einer Teamsportart wie Fußball. Da kannst du viel trainieren, aber wenn dein Team nicht gut spielt, nützt das nichts. Wenn ich für den Kampfsport viel trainiere, stehen die Chancen gut, dass ich Erfolg habe. Es fühlt sich gut an, dass man die Arbeit, die man reinsteckt, auch wieder zurückbekommt.
Was war Ihr bisher größter Erfolg beim Kickboxen?
Gute Frage. Ich würde sagen, der Titel in der Totalkombat-Series in der Schweiz. Der erste Gürtel war schon etwas Besonderes. In der öffentlichen Wahrnehmung war es vielleicht auch die Ehrung zum Sportler des Jahres von Pro-League Fighting in Karlsruhe. Titelkämpfe sind natürlich immer Erfolge. Für mich zählt aber häufig mehr, welche Gegner ich besiege, statt dem eigentlichen Titel. International zählen auch eher die Namen der Personen, die man besiegt hat, als die nationalen Titel.
Wie häufig in der Woche trainieren Sie?
Da es sich in unserem Team im Mach 1 um Profi-Boxen handelt, ist das Trainingsniveau wirklich hoch und hart. Wir trainieren an 5 Tagen in der Woche. Donnerstag und Sonntag sind Ruhetag. An den Trainingstagen haben wir jeweils 3-4 Trainingseinheiten. Vormittags trainieren wir in der Gruppe mit einem Spezialtraining unter Leitung von Dominik Junge, das von ihm für alle Profiboxer individuell ausgearbeitet wurde. Cardio- und Krafttraining macht jeder selbstständig für sich. Da hat jeder seinen persönlichen Trainingsplan, je nachdem wann ein Wettkampf ansteht. Abends ist dann nochmals Gruppentraining für alle im Mach 1, auch diejenigen, die keine Wettkämpfer sind. 3-4- Stunden am Tag kommen da zusammen, an 5 Tagen die Woche.
Haben Sie weite Wege?
Ich wohne in Mannheim, studiere in Heilbronn und trainiere im Mach 1 in Karlsruhe. Cardio- und Krafttraining kann ich auch im Fitnessstudio machen, ich versuche aber so oft wie möglich ins Mach 1 zu gehen. Ich versuche einfach, zeitlich alles so effektiv wie möglich zu planen.
Haben Sie schon mal dran gedacht, mit dem Boxen aufzuhören, weil Ihnen alles zu viel wurde?
Nein. Kickboxen hat bei mir aktuell die oberste Priorität. Dann würde ich eher andere Dinge reduzieren. Manchmal kann es schon überwältigend sein, wie viel ansteht. Besonders in der Wettkampfvorbereitung. Manchmal fällt gleichzeitig noch viel an der Hochschule an. Und natürlich möchte man auch persönliche Kontakte wie Freundin, Familie und Freunde nicht vernachlässigen. Für mich funktioniert es gut, dann von Tag zu Tag und von Aufgabe zu Aufgabe zu denken, um mich nicht überwältigen zu lassen, weil ich zu weit nach vorne schaue.
Wieso haben Sie sich für den Master in Unternehmensführung an der HHN entschieden?
Zuerst habe ich ja den Bachelor in BWL und Kultur-, Freizeit-, Sportmanagement am Standort Künzelsau gemacht. Das war eine super Zeit für mich, in Künzelsau hat es mir sehr gefallen. Ich habe aber festgestellt, dass die beruflichen Perspektiven sich beim Sportmanagement hauptsächlich auf Profifußball beziehen und das war keine Option für mich. Daher wollte ich mich beruflich rein auf die Betriebswirtschaft konzentrieren. Ich habe im Praxissemester und bei der Abschlussarbeit gemerkt, dass mir das liegt. Durch den Master möchte ich meine Fähigkeiten noch weiter vertiefen.
Haben Sie bereits ein konkretes Berufsziel?
Mich interessiert besonders, wie Unternehmen sich strategisch weiterentwickeln und wie Teams dabei erfolgreich zusammenarbeiten. Perspektivisch sehe ich mich in Bereichen wie Business Development oder strategischer Unternehmensplanung, also an Schnittstellen, wo man Strukturen analysiert, Prozesse verbessert und Wachstum gestaltet. Das habe ich bereits im Bachelor-Praktikum bei einer Stabsstelle im Prozess-Audit kennengelernt und möchte nun mit meinem Master-Praxissemester im Einkauf in Rotterdam weitere Einblicke gewinnen.
Hat bei der Wahl Ihres Studienortes auch Ihre sportliche Karriere eine Rolle gespielt?
Eigentlich nicht. Ich pendele sowieso viel und wollte einfach bei Studium und Sport für mich das Beste auswählen und mich nicht limitieren.
Hilft Ihnen das Spitzensport-Stipendium dabei, die hohen Anforderungen durch Studium und Sport zu bewältigen?
Ein großer Vorteil des Stipendiums für mich ist, dass ich überall in den Pfitzenmeier Fitnessstudios trainieren kann. Egal wo ich gerade unterwegs bin, ich habe dadurch immer ein Top-Fitnessstudio. Dadurch spare ich auch Kosten. Auch die organisatorische Unterstützung ist sehr hilfreich.
Fahren Sie eher mit der Bahn oder mit dem Auto?
Ganz sicher Auto. Das liegt auch daran, dass ich immer mit Sporttasche unterwegs bin. Zudem kann ich mir bei meinem strengen Zeitplan keine Verspätungen leisten. Es wäre mir sehr unangenehm gegenüber meinem Trainer und den Kollegen, wenn ich zu spät käme.
Kommen Sie noch dazu, Freunde zu treffen, auszugehen?
Das geht schon. Natürlich seltener, dafür nutz man die Zeit aber auch intensiver. Zum Beispiel bei gemeinsamen Urlauben oder Städtetrips.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Durch meine Zeit in Düsseldorf ist mir die japanische Küche sehr ans Herz gewachsen – Sushi oder Ramen gehen bei mir eigentlich immer. Und da wir hier nah an der französischen Grenze leben, habe ich auch noch nie eine Einladung ins Elsass zum Essen ausgeschlagen. In der Wettkampfvorbereitung heißt es dann aber leider Diät, viel Proteine, wenig Kohlenhydrate. Das ist hart – und ich freue mich jedes Mal, wenn ich danach wieder genießen darf.
Sportlicher Lebenslauf
Phillip Radomski ist seit 2015 in Karlsruhe in der Mach 1 Kampfsportschule aktiv.
Er belegt aktuell den 5. Platz in der Weltrangliste im WKO Pro Ranking im Kickboxen (bis 72,5 kg) und den 3. Platz im WKO Ranking im Thaiboxen (bis 76 kg).
Besonders hervorzuheben sind folgende Siege:
- 2022 konnte er den Titel „AFSO Intercontinental Champion“ gewinnen.
- 2020 konnte er den Titel „Totalkombat-Series Champion“ (bis 79 kg) gewinnen.
- 2019 konnte er den Titel „Pro-League-Fighting Champion (bis 83kg) gewinnen.