Ein Zeichen für soziale Verantwortung und Diversität in der Interaktion von Mensch und Computer.

Das Lab für Sozioinformatik war vielfältig auf der HCI International Conference 2025 dabei! 

Auf der diesjährigen internationalen Konferenz zur Human-Computer Interaction -  HCI International Conference 2025 in Göteborg, Schweden - war das Lab für Sozioinformatik mit zahlreichen Beiträgen dabei, die zeigen, wie KI und technische Systeme allgemein fairer und inklusiver gestaltet werden können. Diese reichten von nutzerzentrierten Frameworks zur Reduktion von Biases bis hin zu Serious Games und Methoden, die Diskriminierung sichtbar machen und strukturelle Veränderungen fördern. Die Proceeding-Beiträge bieten vielfältige Perspektiven auf die sozialen, psychologischen und strukturellen Dimensionen von Technikgestaltung - insbesondere im Bereich Softwarentwicklung und KI.

HCII 2025 picture of Nicola Marsden at the conference

Nicola Marsden präsentierte in der Session zu Human-Compatible AI: Developing Safe and Beneficial Systems Aligned with Human Values geleitet von Prof. Sigurd Schacht und Prof. Carsten Lanquillon als Invited Talk ein Framework, das Nutzer*innen nicht nur befähigt, KI-Biases durch gezieltes Prompt-Engineering selbst aktiv zu reduzieren, sondern die User auch in die Verantwortung nimmt, selbst zu einer fairen Nutzung von KI beizutragen. Denn Fairness ist eine gemeinsame Verantwortung von Nutzer*innen, Entwickler*innen und Organisationen.

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Marsden, N. (2025). Prompting Fairness: How End Users Can Mitigate Bias in AI Systems. In H. Degen & S. Ntoa (Eds.), Artificial Intelligence in HCI (LNAI 15820, pp. 68–77). Springer. https://dl.acm.org/doi/pdf/10.1007/978-3-031-93415-5_4

HCII 2025 picture of Tim Reichert at the conference

Unter der Überschrift HCI-Games stellte Tim Reichert das Serious Game KITE II in Zusammenarbeit mit den Co-Autorinnen Nicola Marsden, Annelie Rothe-Wulf, Yvonne Tang und Claudia Herling in der Session AI, Interaction, and Player Experience vor. Das dialogbasierte Spiel intendiert, mithilfe von einer KI-basierten Echtzeiterkennung von Diskriminierung Gründer*innen dafür sensibilisiert, Geschlechterdiskriminierung im Gründungsprozess zu erkennen und für den Umgang mit diesen strukturellen Bedingungen im Berufsalltag zu stärken.

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Marsden, N., Rothe-Wulf, A., Tang, Y., Herling, C., & Reichert, T. (2025). Navigating Bias: Using LLMs to Analyze Discrimination in Entrepreneurial Game Dialogues. In X. Fang (Ed.), HCI in Games (LNCS 15816, pp. 202–219). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-92578-8_14

HCII 2025 picture of Monika Pröbster at the conference

In der lebendigen Session zu Bias, Fairness and Trust in AI Systems berichtete Monika Pröbster zusammen mit Annelie Rothe-Wulf und Nicola Marsden aktuelle Forschungserkenntnisse dazu, wie Geschlechterbiases in KI-gestützten Karriereempfehlungssystemen empirisch untersucht werden können. Die Analysen mit einem Fokus auf MINT-bezogene Karriereempfehlungen zeigten anhand der Daten von 584 Nutzer*innen, dass sich trotz deutlicher Unterschiede zwischen Männern und Frauen in ihren Selbsteinschätzungen von Kompetenzen und den ermittelten Interessensprofilen keine Einflüsse auf die Wahrscheinlichkeit von MINT-bezogenen Karrierevorschlägen ergaben. Allerdings bewerteten Frauen MINT-bezogene Vorschläge seltener positiv im Vergleich zu Männern. Monika Pröbster leistet mit ihrer Forschung aus dem KIRA-Projekt nicht nur einen Beitrag auf der inhaltlichen sondern auch auf der methodischen Ebene zur Untersuchung von Biases in KI-Systemen.

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Pröbster, M., Rothe-Wulf, A., & Marsden, N. (2025). Bias in AI Recommender Systems: Examining Gender Disparities in STEM and Non-STEM Career Recommendations for Professional Development. In H. Degen & S. Ntoa (Eds.), Artificial Intelligence in HCI (LNAI 15820, pp. 78–96). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-93415-5_5

HCII 2025 picture of Edda Sellin at the conference

Edda Sellin präsentierte im Rahmen der Session Bridging Skills, Equity, and Digital Empowerment in the Evolving Work Environment zusammen mit Nicola Marsden wertvolle empirische Evidenz aus realen Unternehmenskontexten dafür, dass Frauen in Tech-Teams deutlich niedrigere psychologische Sicherheit erleben als Männer. Dieser Unterschied war besonders deutlich in der Angst, Fehler zu machen, in der Bereitschaft, Risiken einzugehen, oder in der Sorge, abgelehnt zu werden. Mögliche Ursachen sind u.a. der Ausschluss von Entscheidungen, implizite Vorurteile im Feedback oder fehlende Fairness bei Aufstiegschancen. Ihre Forschung im Rahmen des europäisch geförderten GILL-Projektes schlägt konkrete Ansätze vor, um diese Strukturen zu verändern.

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Sellin, E., & Marsden, N. (2025). Exploring Gender Disparities in Psychological Safety in Tech Teams. In K. L. Siau & F. F.-H. Nah (Hrsg.), HCI in Business, Government and Organizations (S. 78–94). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-92826-0_6

 

Bild der HCII 2025

Der gemeinsame Beitrag von Annelie Rothe-Wulf, Anamaria Cristescu (Fraunhofer IAO, Heilbronn) und Nicola Marsden in der Session Designing for Inclusivity and Well-being zeigte, dass Frauen auch ohne MINT-Abschluss ein hohes Potenzial und eine große Motivation besitzen, die Zukunft von und mit KI zu gestalten. Die Studie belegt eine positive Einstellung gegenüber KI unabhängig vom Bildungsweg sowie den Zusammenhang von KI-Einstellungen der Intention sich im Rahmen von KI weiterzuentwickeln. Eine Beteiligung diverser Disziplinen, in denen Frauen derzeit besondere Expertise besitzen, bergen ein großes Potenzial, die digitale Tranformation positiv voranzubringen.

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Rothe-Wulf, A., Cristescu, A., & Marsden, N. (2025). Bridging the Gender Gap: Roles and Attitudes Toward AI in the Workplace. In HCI in Business, Government and Organizations: 12th International Conference, HCIBGO 2025, Proceedings (LNCS 15772, pp. 78–94). Springer. https://dl.acm.org/doi/pdf/10.1007/978-3-031-92826-0_6

HCII 2025 picture of Kerstin Raudonat at the conference

Ebenfalls in der Session Designing for Inclusivity and Well-being stellte Kerstin Raudonat (jetzt an der Humboldt-Universität zu Berlin) das Modell zum Kreislauf der Diskriminierung als gemeinsame Arbeit mit Nicola Marsden und Monika Pröbster vor. Das Modell zeigt, wie Geschlechterbias systematisch in digitalen Tools durch das Zusammenspiel von vier Ebenen – Produkt, Gesellschaft, Personen und Prozesse – verankert ist. Dazu zählen unausgewogene Designpraktiken, gesellschaftliche Normen oder Teamzusammensetzungen. Dieser Beitrag bietet konkrete Ansätze für inklusives Design und strukturellen Wandel, denn echte Fairness in der Technik erfordert systemische Veränderungen, nicht nur oberflächliche Vielfalt.

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Marsden, N., Raudonat, K., & Pröbster, M. (2025). Breaking the Cycle of Discrimination: Toward Gender Equity in Software Design. In M. Kurosu & A. Hashizume (Eds.), Human-Computer Interaction (LNCS 15772, pp. 378–395). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-93982-2_25

HCII 2025 picture of Mothahreh Zarefard at the conference

Motahareh Zarefard (jetzt bei Mobilize) präsentierte in der Session Bridging Skills, Equity, and Digital Empowerment in the Evolving Work Environment die Zusammenarbeit mit Nicola Marsden und zeigte, dass ESCO gelisteten HCI-Kompetenzen nicht mit den tatsächlichen Anforderungen in Stellenanzeigen übereinstimmen. In über 1.000 analysierten Jobangeboten wurden Fähigkeiten wie UX Research, Teamarbeit und Kommunikation deutlich häufiger verlangt als in der europäischen Klassifikation erfasst. HCI-Jobs sind interdisziplinär und verlangen adaptive, nutzerzentrierte Kompetenzen. Wenn ESCO dies nicht aufgreift, besteht die Gefahr, dass Qualifizierungsangeboten an den tatsächlichen Erfordernissen des Arbeitsmarkts vorbeigehen. 

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Zarefard, M., & Marsden, N. (2025). ESCO and the Job Market: A Comparative Study of HCI Skill Demands. In K. L. Siau & F. F.-H. Nah (Hrsg.), HCI in Business, Government and Organizations (S. 95–110). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-92826-0_7

HCII conference 2025 picture of Alvise Mazzotti

In der Session zu Human Factors and Interaction Design in Automated Mobility stellte Alvise Mattozzi (Politecnico di Torino, Italien) die gemeinsame Arbeit mit Luca Princivalle, Marco Diana, Edda Sellin, Monika Pröbster und Nicola Marsden zu dem Konzept der Diversity Personas vor – eine neue Methode zur Gestaltung inklusiver Nutzerprofile. Im Gegensatz zu traditionellen Personas, die oft vereinfachen und stereotype Rollenbilder reproduzieren, zeigen Diversity Personas die komplexen, intersektionalen Realitäten von Menschen auf. Entwickelt im Rahmen des Horizon-Europe-Projekts GILL dienten sie dazu geschlechterspezifische Mobilitätsmuster wie "trip chaining" im Pflegekontext sichtbar zu machen und förderten so gerechtere Mobilitätslösungen. 

Bookcover HCII 2025 with proceeding of Alvise Mazzotti
  • Mattozzi, A., Princivalle, L., Diana, M., Selllin, E., Pröbster, M., & Marsden, N. (2025). Introducing Diversity Personas in Gender-Responsive Mobility Planning. In H. Krömker (Ed.), HCI in Mobility, Transport, and Automotive Systems (LNCS 15818, pp. 286–301). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-92692-1_18
HCII 2025 picture of oihane etayo ballesteros

In einem weiteren Beitrag im Rahmen des Horizon-Europe-Projekts GILL stellte Oihane Etayo Ballesteros (Coventry University, UK) die Zusammenarbeit mit  Edda Sellin, Nicola Marsden und Andree Woodcock (Coventry University, UK) in der Session Ethics, Inclusion, and Social Responsibility in HCI vor und ging der Frage nach, wie inklusiv Designmethoden tatsächlich sind. Oihane Etayo Ballesteros präsentierte zehn europäische Fallstudien, in welchen über 40 gender-sensitive Methoden gemeinsam mit Teams aus Start-ups, Verwaltungen und Innovationsprojekten getestet wurden. Zu diesen Methoden zählten z.B. Diversity Personas oder das Team Manifest. Die Ergebnisse zeigten, dass kleine, leicht integrierbare Tools Machtverhältnisse sichtbar, aber auch veränderbar machen, dass gemeinsame Werte Inklusion stärken und Team-Commitment sowie institutionelle Verankerung essentiell für eine nachhaltige Wirkung sind.

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Etayo Ballesteros, O., Sellin, E., Marsden, N., & Woodcock, A. (2025). Implementing Gender-Sensitive Design Methods for Inclusive Innovation. In M. Kurosu & A. Hashizume (Eds.), Human-Computer Interaction (LNCS 15772, pp. 317–332). Springer Nature Switzerland. https://doi.org/10.1007/978-3-031-93982-2_21