UrbanAirLab Messnetz

Messnetz für Luft- und Aufenthaltsqualität am TechCampus

Motivation und Ziele

Die Lebensqualität in städtischen Gebieten hängt in hohem Maße von der Qualität der Umgebungsluft ab. Die Überwachung der Luftqualität ist daher essenziell für Gesundheits- und Umweltschutz.

Die Ziele von UrbanAirLab sind:

  • Erhebung qualitätsgesicherter Daten von Schadstoffen (CO, NO, NO₂, O3, PM2.5, PM10) und meteorologischen Größen
    • Speicherung, Prüfung, Filterung und statistische Auswertung der Messdaten
    • Entwicklung und Vergleich von Methoden zur Kalibration und Qualitätssicherung
  • Langzeitbeobachtung:
    • Dokumentation zeitlicher Veränderungen (tages-, wochen- und jahreszeitliche Trends)
    • Untersuchung der Abhängigkeiten (z.B. Verkehrsaufkommen, Wetterlagen) und Vergleich mit anderen Stationen
  • Bewertung der Luftqualität:
    • Identifikation von Belastungsunterschieden an verschiedenen Messstellen und Einflussfaktoren

Eine Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Heilbronn zur Bewertung städteplanerischer Maßnahmen ist geplant.

Lageplan des TechCampus Sontheim mit geplanten Messpunkten

Abbildung 1: Geplante Messpunkte

Cloudbasiertes OpenSource-System mit Low-Cost Sensoren

  • Um die räumliche und zeitliche Variabilität der Luftverschmutzung in Städten zu messen, muss das Messnetz engmaschiger sein als es bei amtlichen Messnetzen der Fall ist.
    • In Heilbronn gibt es nur zwei Messstellen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg LUBW.
  • Mobile und kostengünstige Messsensoren sind hierfür geeignet.
    • Zum Einsatz kommen Luftqualitätsensoren LQS („LowCost“-Sensoren).
  • Am Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik – IFK der Universität Stuttgart wird seit vielen Jahren der Einsatz von „LowCost“-Sensoren für diese Anwendungen erprobt.
  • Die dort entwickelten Sensorsysteme werden an der Hochschule Heilbronn gebaut und für dieses Projekt verwendet.


Innansicht eines Sensorsystemes

Abbildung 2: Sensorsystem zur Messung von CO, NO, NO₂, O3, PM2.5, PM10, rel. Feuchte und Temperatur

  • Verschiedene Sensorsysteme zur Messung der Luftqualität sind bereits auf dem Markt verfügbar. Sowohl Hardware, Software und Algorithmen dieser Systeme sind meist nicht offen zugänglich.
  • Im Kontext wissenschaftlicher Forschung, öffentlicher Entscheidungsfindung und Bürgerbeteiligung ist diese Intransparenz problematisch.
    • Vertrauen in Daten entsteht nur durch Nachvollziehbarkeit.
  • Unser Konzept: Sensorsysteme mit vollständig offener Hardware und quelloffener Software
    • Konsequenter Schritt in Richtung Transparenz, Reproduzierbarkeit und Community-Beteiligung
    • Beteiligung durch Dritte möglich
    • Anpassbar an neue Anwendungen
    • Kombinierbar mit anderen Datenquellen

Maßnahmen zur Qualitätssicherung

  • Nachteile der LQS im Vergleich zu den behördlichen Messverfahren:
    • Querempfindlichkeit und geringe Selektivität
    • Geringe Stabilität und Drift, die regelmäßig korrigiert werden muss
    • Kalibrierung gegen Referenzgeräte ist regelmäßig erforderlich
    • Geringere Genauigkeit
  • Die Sicherung der Datenqualität ist daher mit erheblichem Aufwand verbunden und momentan Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. 
  • Die Qualität der Messung kann durch regelmäßige Kollokationsmessungen mit einem Referenzgerät verbessert werden. 
  • Die Qualität der Messdaten kann verbessert werden durch 
    • z.B. Nachbearbeitung der Messdaten und Überprüfung auf Ausreißer
    • Anwendung statistischer Verfahren
    • Regressionsmodelle zur Erfassung linearer oder nichtlinearer Wechselwirkungen oder nichtparametrische Ansätze, z.B. Maschinelles Lernen (ML)

Kollokation an der LUBW-Station Hans-Rießer Straße

HHN-Sensorsysteme haben über einen mehrwöchigen Zeitraum an der LUBW-Referenzstation Hans-Rießer Straße in Heilbronn Daten erfasst. Diese Vergleichsdaten sind die Grundlage für die Kalibrierung unserer Messgeräte. Erste Ergebnisse zeigen für die Luftschadstoffe ein unterschiedliches Bild. Während die Kalibrierung für NO2 bereits vielversprechende Ergebnisse liefert sieht es für beispielsweise O3 schlechter aus. Hier gibt es Zeitbereiche, in denen unsere Sensoren die Ozonkonzentration mal über- oder unterschätzen. 

Im Rahmen einer Masterarbeit in Kooperation mit der Fakultät Informatik soll dies nun weiter verbessert werden.

Grafische Darstellung verschiedener Messdaten UrbanAirLab

Abbildung 3: Darstellung des zeitlichen Verlaufs der NO2- Konzentrationen  eines Sensors mit Herstellerkalibration im Vergleich zum Referenzmessgerät und korrigierten Sensordaten auf Basis von maschinellem Lernen (ML), sowie Temperatur und rel. Feuchte.  

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Abbildung 4: Darstellung des zeitlichen Verlaufs der O3- Konzentrationen eines Sensors mit Herstellerkalibration im Vergleich zum Referenzmessgerät und korrigierten Sensordaten auf Basis von maschinellem Lernen (ML), sowie Temperatur und rel. Feuchte.  

UrbanAirLab als Reallabor der Fakultät Technik

Die Idee eines Reallabors ist es, die Umgebung der üblichen Lehrlabore mit ihren definierten Aufgaben zu verlassen, um sich in einem Team gemeinsam die einzelnen Schritte zur Beantwortung von bestimmten Fragestellungen zu erarbeiten.
Grafik des Reallabor UrbanAirLab in der Fakultät TE

Die verschiedenen Aspekte des Messnetzes ziehen sich als roter Faden durch die Lehrveranstaltungen des Ingenieurstudiums, Beginnend im ersten Semester bis zur Bachelorthesis. Beispielsweise

  • Umweltprozesse, 
  • Umwelt- und Prozessanalytik, 
  • Instrumentelle Analytik, 
  • Mess- und Regelungstechnik, 
  • Digitalisierungslabor, 
  • Künstliche Intelligenz, 
  • Informatik und Statistik. 
  • Projektwoche Nachhaltigkeit 
  • usw.
Bewertung der Qualität der Messdaten 

Die Sensorsysteme werden direkt bei der Referenzstation der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) aufgebaut um die Qualität der Datenerfassung beurteilen zu können. Anschließend können Modelle zur Kalibration erarbeitet werden.

Erste Bachelor-Thesis

Mit der Auswertung der Daten sowie dem Vergleich der Sensordaten mit den LUBW-Referenzmessungen, befasst sich momentan die Austauschstudentin unserer kolumbianischen Partneruniversität Antioquia Karolayn Chavarria-Guzman im Rahmen Ihrer Bachelor Thesis.

Ausblick

Sobald die Sensorsysteme kalibriert sind und die Datenqualität wissenschaftlich gesichert ist, werden über den TechCampus und am gegenüberliegenden Justinus-Kerner-Gymnasium verteilt mehrere dieser Sensorsysteme installiert.

AirUP! liefert dann nicht nur kontinuierlich Messdaten von Luftschadstoffen sondern auch kontinuierlich spannende Themen aus verschiedensten Ingenieursdisziplinen, mit denen sich Studierende wissenschaftlich und anwendungsbezogen beschäftigen können.

Warum "Lowcost"-Sensoren?

Amtliche Messungen zur Luftqualität verwenden standardisierte Messverfahren.

  • Die Messungen bilden wegen ihrer sehr hohen Datenqualität und Vergleichbarkeit die Grundlage für politische Entscheidungen.
  • Diese Messverfahren sind teuer und damit ist die Anzahl der Messstellen gering.
  • In Heilbronn gibt es z.B. nur zwei Messstellen Eine räumliche Auflösung, wie für die Bearbeitung der o.g. Fragen erforderlich, ist nicht möglich.


„LowCost“-Sensoren bieten die Möglichkeit, eine höhere räumliche Auflösung der Parameter zu erhalten.

  • Die Datenqualität muss dann durch geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen sichergestellt werden.


Zusammenarbeit HHN und Uni Stuttgart

Am Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart wird in der Abteilung "Rauchgasreinigung und Luftreinhaltung" unter Federführung von Dr. Ulrich Vogt seit vielen Jahren der Einsatz von „LowCost“-Sensoren für diese Anwendungen erprobt.

  • Diese Sensorsysteme wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes für das HHN-Netzwerk weiter entwickelt.
  • In einer Reihe von Workshops hat das AirUP!-Team in den Laborräumen am TechCampus die ersten drei Sensorsysteme gebaut und programmiert.
Innansicht eines Sensorsystemes

Abbildung 3: Sensorsystem im Aufbau